@Kirche heute, Leonie Wollensack, 30.5.2024
Gemeinden begegnen Menschen in neuen Umgebungen
Die Kirche soll die Menschen in ihrer «Lebenswelt» erreichen. Für diese Aussage besteht in den Pfarreien und Kirchgemeinden grösstenteils Konsens. Was das aber genau bedeutet und wie das konkret umgesetzt werden kann, ist der Kreativität der Gemeinden überlassen. Der Pastoralraum Laufental-Lützeltal geht einen auf den ersten Blick unkonventionellen Weg: Er hat einen Stand auf einer Gewerbemesse.
Die Menschen strömen in eine der Hallen, in der die «AGLAT», die grösste Baselbieter Gewerbeausstellung, stattfindet. In gemächlichem Schritt mäandern sie an den Ständen vorbei, als sie plötzlich Kirchtürme erblicken. «Wart, dä Chilleturm kenni doch… Isch es nit dä vo Chliilützel?» Der Überraschungseffekt ist geglückt, einige Menschen bleiben stehen.
Ein Pastoralraum an einer Gewerbeausstellung? Sind die sich sicher, dass sie da richtig sind? «Ja», sagt Christof Klingenbeck, Leiter des Pastoralraums, zu dem die Pfarreien Brislach, Kleinlützel, Laufen, Liesberg, Roggenburg-Ederswiler und Wahlen gehören. «Wir gehen dort hin, wo die Menschen sind. Wir gehören vielleicht nicht typischerweise ins Gewerbe, aber wir gehören zu den Menschen». Die Erfahrung der vergangenen Ausstellungen – der Pastoralraum ist bereits zum zweiten Mal dabei, die Pfarrei Laufen insgesamt zum dritten Mal – zeige, dass die Menschen es begrüssen, in diesem lockeren Rahmen eine ungezwungene Begegnung mit der Kirche zu haben. In den Gesprächen, die sich dabei ergeben, geht es um den Glauben, um die Kirche und natürlich dürfen auch kritische Fragen gestellt werden. «Die Leute schätzen es, hier alles offen ansprechen zu können», so Klingenbeck. «Der Überraschungseffekt hilft uns dabei, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, denn sie erwarten uns an einer solchen Ausstellung nicht», ergänzt Rosmarie Lötscher, Präsidentin der Pastoralkommission.
Offene Türen und Gemeinschaft
Der Stand ist diesmal unter dem Motto «Jeder Tag ist ein Tag der offenen Türen» an der Ausstellung dabei. Das Organisationsteam, bestehend aus Christof Klingenbeck, Rosmarie Lötscher, Marlen Candreia, Kirchenratspräsidentin von Laufen und Meinrad Gunti, Kirchenratspräsident von Kleinlützel, möchte zeigen: Die Türen seiner Kirchen stehen jeden Tag zwölf Stunden lang für die Menschen offen. Natürlich um die Messe zu feiern, aber auch für Momente der Stille oder für das Gespräch mit den Seelsorgenden. Am Stand finden die Besucher/innen unter anderem einen Wettbewerb zum Motto mit Preisen, einen überarbeiteten Flyer, der über den Pastoralraum informiert und viele Holzklötze. Sie sollen die Menschen animieren, gemeinsam, symbolisch, an «ihrer» Kirche zu bauen.
Entwickelt wurde das Thema für die diesjährige Ausstellung bei einem Treffen, an dem 24 Engagierte aus dem Pastoralraum dabei waren. Auch am Stand selbst zeigt sich das Team als Gemeinschaft. Für das Gespräch mit den Besuchern/innen engagieren sich Kirchenräte, Pastoralraumleiterinnen, Seelsorgende und Angestellte aus allen Pfarreien.
Begegnungsmomente schaffen
«Wenn uns jemand fragt: ‹Was macht ihr hier?›, dann antworten wir: ‹Die Kirche gehört auch zum Dorf und deshalb ist sie mit dabei›», erklärt Candreia. Das Motto der offenen Türen und die Teilnahme an der AGLAT seien insgesamt ein Ausdruck der Grundhaltung des Pastoralraums, ergänzt Klingenbeck: «Wir sind da, wo das Leben stattfindet, und möchten für die Menschen nahbar sein und wahrgenommen werden.» Die Teilnahme an der AGLAT ist dabei nur ein Teil dieser Grundhaltung. Einmal im Monat bietet der Pastoralraum gemeinsam mit der reformierten Kirche beispielweise eine Marktseelsorge an. Auch hier würde die Kirche nicht unbedingt erwartet. Aber genau das helfe den Menschen, ihre Hemmschwelle abzubauen. Der Kirche mal nicht im institutionalisierten Rahmen begegnen, sondern dort, wo die Menschen – auch die, die sonst nichts mit der Kirche zu tun haben – sich sicher fühlen, in ihrem Alltag, in ihrem gewohnten Umfeld. «Dabei kommen tolle Gespräche zustande, manche treten auch spontan mit persönlichen Anliegen an uns heran», erzählt Klingenbeck. Das Vorbereitungsteam ist sich einig: Es geht darum, Begegnungsmomente mit den Menschen in ihrem Alltag zu schaffen. Der Pastoralraum ist dort, wo die Menschen sind – und vom 31. Mai bis zum 2. Juni bedeutet das: auf der AGLAT.